Probleme von der Seele rappen

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Der Klassenraum ist kaum noch als solcher zu erkennen. Statt Pult und Tischreihen bildet ein kleiner Stuhlkreis, ein Laptop und ein professionelles Aufnahmemikrofon das Herzstück des Raumes. Sieben Schüler*innen der Jahrgänge 10 und 11 lauschen gespannt den Tönen und Beats, die aus den Musikboxen dröhnen. „In welcher Melodie fühlt ihr euch am wohlsten? Wo habt ihr Lust mit zu arbeiten?“ fragt Niklas Maass, Rapper und Songwriter. Gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Fynn Leven hat er das Projekt „HipHop Workshops für Kinder und Jugendliche“ ins Leben gerufen, welches rege Unterstützung durch den Kinderschutzbund Viersen sowie dem Bundesprogramm „Demokratie Leben“ findet.

Die Jugendlichen sprechen darüber, was die unterschiedlichen Beats bei ihnen auslösen, wie sie sich fühlen und welcher Songtext jeweils passen würde. Gemeinsam entscheiden sie sich dann für den Beat, der „eher traurig klingt, aber irgendwie Hoffnung in sich trägt“.

„Ich war überrascht, dass unter den Teilnehmern schnell eine Vertrauensebene da war. Man konnte wirklich tiefgründig reden und dadurch einen sehr persönlichen und “deepen” Text schreiben“, erzählt Nele (16) nach dem Workshop begeistert. Andere Jugendliche berichten weiter: „Mir hat der Workshop sehr gut gefallen. Es war eine mega schöne Erfahrung. Eine Gruppe, die sonst niemals aufeinander treffen würde, hat zusammen einen Song geschrieben und aufgenommen. Jeder konnte seiner Kreativität freien Lauf lassen und man hat einfach viele Gemeinsamkeiten gefunden, obwohl jeder von uns verschieden war. Wir kannten uns nicht alle, aber in diesen paar Stunden, für diesen Song, waren wir ein Team. Ich glaube, so ein Projekt kann vielen Jugendlichen da draußen helfen. Ich habe so viel gelernt, wie es in der Schule lange nicht mehr der Fall war“.

Das Team der Schulsozialarbeit hat den Workshop organisiert und als offenes Angebot für alle Schüler*innen ausgehängt. Die Anmeldezahlen sprengten jedoch den Rahmen, sodass am Ende das Los über die Teilnehmer*innen entscheiden musste. „Über den Weg der Musik, als anderen Zugang und als anderes Sprachrohr für die Kinder und Jugendlichen zu gehen und ihnen so, eine Stimme zu geben um über ihre Themen zu sprechen, hat uns sehr beeindruckt und überzeugt“, so die Schulsozialarbeiter*innen. Und genau da setzt auch der Workshop der beiden Musik-Freunde Niklas und Fynn an. „Hip-Hop heißt, darüber zu sprechen, was uns beschäftigt, das zu äußern, was uns auf der Zunge brennt und auf dem Herzen liegt. Auch wenn genau das manchmal heißt, anzuecken.“, so der Rapper Niklas Maass.

„Du kannst gut sein, doch genug bist du nie. Denn egal wie gut du bist, sie erwarten zu viel!” Diese Zeile bildet das Herzstück und somit den Refrain des gemeinsamen Songs. Die Jugendlichen nutzten den Tag, um sich Probleme von der Seele zu rappen, aber auch, um auf Probleme aufmerksam zu machen: Mobbing, Ausgrenzung, wahre Freundschaften, Familie. Diesen Songtext hat kein Rapper oder Songwriter geschrieben, sondern Schüler und Schülerinnen der Gesamtschule Nettetal.

Tasmin Hendricks